Heidelberg: Werk Quingpu/China

No. 9928 Sonze Road, Qingpu District, Shanghai, 201700, P.R. China. An dieser Adresse finde ich das «Werk China» von Heidelberg Druckmaschinen. Auf rund 16'000 m2 baut Heidelberg hier seit zwei Jahren Falz- und Druckmaschinen für den chinesischen Markt. Eine Tatsache, die in Europa heiss diskutiert wird. Sind Druckmaschinen von Heidelberg bald «Made in China»? Ich habe die Möglichkeit selber einen Augenschein zu nehmen. Auf dem Industriegebiet von Quingpu haben sich 900 ausländische Investoren niedergelassen, davon 60 Unternehmen aus Deutschland.

Achim Mergenthaler ist Operation Manager im Werk. Seit einem Jahr arbeitet er jetzt hier in Quingpu vor den Toren von Shanghai. In seinem sympathischen Badischen Dialekt führt er mich durch das Fabrikgelände. Er kennt jeden Winkel, sämtliche Abläufe, jeden Produktionsschritt. Vor zwei Jahren hat er – noch von Heidelberg – aus mit der Projektplanung für die Produktion der Printmaster PM 52 und Printmaster PM 74 in China begonnen. Im Jahr 2005 hat Heidelberg in Quingpu in einer Übergangshalle mit der Produktion der ersten Falzmaschine begonnen. Seither konnten 280 Maschinen für die Druckweiterverarbeitung ausgeliefert werden.

Ziel: Vernetzung
Wir beginnen unseren Rundgang im wirklich grosszügig gestalteten Showroom. Hier dominieren die Heidelberg-Farben Rot und Blau. Die Prinect-Experience-Tour mit CTP-Belichter, eine PM 74 und eine PM 52 zeigen wo Heidelberg in China die Schwerpunkte setzen will. «Wir wollen den Kunden hier die Möglichkeiten der vernetzten Druckerei live zeigen können», sagt Achim Mergenthaler. 130 Mitarbeitende arbeiten heute im Werk Quingpu bei Shanghai, davon nur eine handvoll aus Deutschland. Bei Bedarf werden aber immer wieder Spezialisten aus Europa eingeflogen, z.B. für Inhouse-Trainings oder Spezialarbeiten. «Die Kollegen aus Deutschland bleiben in der Regel drei Monate» erwähnt Mergenthaler «aber es oft nict einfach Leute zu finden die nach China kommen wollen. Das Leben hier ist doch sehr anders als in Europa».

Wir gehen in Halle 1. Grosszügig dimensioniert, hell sauber und freundlich. Die Werkshallen wirken auf die Besuchenden eindrücklich. Hier wird professionell und mit höchsten Qualitätsansprüchen gearbeitet. Die Montage passiert blockweise, ähnlich wie im Werk Wiesloch-Walldorf bei Heidelberg. Nur anstelle der Transportbänder sind die Maschinenteile auf Rollwagen. «Damit sind wir flexibler im Ablauf» sagt Achim Mergenthaler. In Halle 2 werden die Maschinen zusammengebaut. In der einen Hälfte die PM 52, in der anderen Hälfte die PM 74. Aus Deutschland werden die Einzelteile angeliefert, sogenannte Rumpfdruckerke. In mehreren Montageabschnitten werden die Maschinen dann zusammengebaut. «Die PM 52 und die PM 74 sind die beiden einzigen Maschinen die wir im Moment in China selber Herstellen. Und wir produzieren nur für den chinesischen Markt». Achim Mergenthaler konnte auch bereits einen deutschen Zulieferer davon überzeugen in China vor Ort zu produzieren, um die Importwege zu vereinfachen. Es ist das erklärte Ziel von Heidelberg rund 40% der Wertigkeit einer Maschine in China zu produzieren. Das hängt aber stark von der Lokalisierung der Zylinder und Walzen ab.

Professionell und eine Portion Pioniergeist
Halle 3 ist als einzige Werkshalle voll klimatisiert. Hier ist die Endmontage. Im Moment passiert gerade die Montage der ersten verkauften PM 74. «Wir werden die Maschine noch diese Woche ausliefern» sagt Mergenthaler stolz. «Letzte Woche haben wir die "chinesische" PM 74 erstmals vorgestellt und ein Kunde hat sie vom Demoraum aus direkt gekauft. Der Drucker wollte zuerst gar nicht begreifen, dass er die Maschine nicht sofort haben kann.» Die Halle ist gut ausgelastet, es erinnert an die Endmontage von Wiesloch - einfach ein paar Nummern kleiner. Auch hier – gleich wie in Deutschland – sind alle produzierten Maschinen bereits verkauft. Heidelberg strebt eine Jahresproduktion von 400 Falzmaschinen, 600 Druckwerken für die PM 52 und 500 Druckwerken für die PM 74 an. In der Regel alles 4-Farben-Maschinen, kleinere Maschinen werden in China praktisch nicht mehr verkauft. Achim Mergenthaler spricht während des Rundgangs immer wieder mit seinen Mitarbeitenden, gratuliert einer chinesischen Kollegin zum Geburtstag, fragt nach ob alles gut läuft. Ich bekomme den Eindruck, dass hier mit viel Einsatz und Freude und auch etwas «Pioniergeist» gearbeitet wird. Die Kommunikation ist in deutsch vermischt mit viel Englisch und etwas Chinesisch.

Wir kommen nochmals auf die Brisanz des Standorts China zu sprechen. Heidelberg bekommt gegenüber der europäischen Konkurrenz einen massiven Vorteil. Die gesamte Bürokratie für den Import lässt sich massiv reduzieren: Importantrag, Bewilligung für den Import, Antrag für den Geldwechsel RMB zu $ und die lange Lieferzeit. Gleichzeitig ist Heidelberg nicht mehr den dauernd wechselnden Importbestimmungen der chinesischen Regierung ausgeliefert. Bis letztes Jahr konnten Maschinen im Klein- und Mittelformat mit einer Leistung von mehr als 15'000 Bogen/Stunden zollfrei importiert werden. Jetzt müssen auch diese Maschinen verzollt werden. So versucht der Staat die einheimische Produktion zu schützen.

Hauptproblem Qualität
Zum Schluss kommen wir auf die Konkurrenzsituation im Druckmaschinenbau zu sprechen. Die chinesischen Drucker wollen die gleichen Maschinen mit dem gleichen Design wie ihre Kollegen in Europa. Die Druckmaschinen der chinesischen Beiren-Gruppe sind im Lande weit verbreitet. Nach wie vor erreichen sie aber nicht die Qualitätsansprüche der Heidelberg-Maschinen. Achim Mergenthaler stellt fest: «Die chinesische Konkurrenz hat im Moment das Problem, dass sie versuchen muss die Qualität reproduzierbar zu machen. Dafür muss aber die gesamte Produktion entsprechen modernisiert werden.» Viel zu viel wird in China auch im Maschinenbau noch immer in handarbeit gefertigt. «Das gibt für uns noch einen anderen Vorteil» schmunzelt Mergenthaler «Ich bekomme oft Bewerbungen von Chinesen die für uns arbeiten wollen. Beim Bewerbungsgespräch erwähnen sie, dass sie die Heidelberg-Maschinen bestens kennen. Sie haben mehrere Jahre bei der Konkurrenz gearbeitet, und hier die Heidelberg-Teile genau studiert…»

 

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